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Bürgerbus §42 - §44 Personenbeförderungsgesetz (PBefG)
Verbesserung der Mobilität im Öffentlichen Nahverkehr

Das BiVS wurde beauftragt die Unterschiede zwischen den Paragrafen zu untersuchen. Dazu wurden Daten und Informationen aus Gesprächen, schriftlichen Anfragen und Beobachtung vor Ort zusammengetragen. Aus Unkenntnis werden oft On-Demand-Verkehr und §42/§44 vermischt.


Vorab sollen die beiden Paragrafen §42 und §44 (PBefG) zum Linienverkehr gegenübergestellt werden.

Wir zitieren aus dem Personenbeförderungsgesetz (PBefG) des Bundesministerium der Justiz - Bundesamt für Justiz

§42 (PBefG) Linienverkehr:

Linienverkehr gemäß §42 ist eine zwischen bestimmten Ausgangs- und Endpunkten eingerichtete regelmäßige Verkehrsverbindung, auf der Fahrgäste an bestimmten Haltestellen ein- und aussteigen können. Er setzt nicht voraus, dass ein Fahrplan mit bestimmten Abfahrts- und Ankunftszeiten besteht oder Zwischenhaltestellen eingerichtet sind.

§44 (PBefG) Linienbedarfsverkehr:

Als Linienverkehr gemäß §42 gilt auch der Verkehr, der der Beförderung von Fahrgästen auf vorherige Bestellung ohne festen Linienweg zwischen bestimmten Einstiegs- und Ausstiegspunkten innerhalb eines festgelegten Gebietes und festgelegter Bedienzeiten dient (Linienbedarfsverkehr). Es kommen ausschließlich Beförderungsentgelte und -bedingungen im Rahmen der Vorgaben des Aufgabenträgers im Nahverkehrsplan, im öffentlichen Dienstleistungsauftrag oder der Vorabbekanntmachung zur Anwendung. Für Beförderungen im Linienbedarfsverkehr können Zuschläge nur nach Maßgabe von Satz 2 erhoben werden.


Bürgerbusverkehre:

Ursprung und Mischformen

Bürgerbus-Verkehre können untereinander schwerlich verglichen werden. Das Spektrum reicht von Bürgerbussen in Nordrehin-Westfalen mit §42/§44 Konzession als ÖPNV bis zu Bürgerbussen, die als Gemeinden (z.B. (Achtsitzer vom Garten- und Friedhosamt) oder Privatpersonen einmal pro Woche Gelegenheitsfahrten durchführen.
Die Idee kommt aus Großbritannien, wo nach der Privatisierung durch Margaret Thatcher der Öffentliche Nahverkehr zusammenbrach. Bürgerinitiativen organisierten Fahrdienste, wo der nicht rentable Busverkehr eingestellt wurde. Die Idee wurde dann in den stark sozial geprägten Niederlanden als Buurtbus im großen Stil übernommen und ausgebaut. So kam auch die Idee 1985 an den Niederrhein und nach Deutschland. In Nordrhein-Westfalen, das Bundesland mit der größten anzahl von Bürgerbus-Vereinen kann als Vorreiter der Idee in Deutschland angesehen werden. Am Niederrhein wurden 1985 die ersten Bürgerbus-Vereine in den Gemeinden Heek und Legden gegründet.

Bürgerbus in Nordrhein-Westfalen:

In Nordrhein-Westfalen sind alle Bürgerbus-Vereine einem Verkehrsunternehmen zugeordnet. Das Verkehrsunternehmen übernimmt die Betriebsaufsicht. Es beantragt die Konzession nach Personenbeförderungsgesetz (PBefG) und den Zuschuss für den Kauf eines Bürgerbusfahrzeugs, das vom Land NRW mit ca. 60.000€ gefördert wird. Heutige Niederflurbusse kosten ca. 90.000€. Die Differenz zwischen Fördersumme und Kaufpreis wird von den Bürgerbusvereinen aus Rücklagen finanziert. In anderen Regionen übernehmen Kommunen oder Verkehrsbetriebe diesen Betrag. Das BB-Fahrzeug ist Eigentum des Verkehrsunternehmens. Der Bürgerbus fährt auf der genehmigten Linien-Konzession des Verkehrsunternehmens. Die meisten Bürgerbusse in NRW fahren nach §42 Linienverkehr mit festem Fahrplan und Linienweg. Zusätzlich erhalten alle Bürgerbus-Vereine eine Organisationspauschale von 6500,-€ für den Verein, davon werden die ärztlichen Untersuchungen alle fünf Jahre, Kosten ca. 120€ pro FahrerIn, Steuerberatung, Berufskleidung (Westen mit Logo), EDV-Ausstattung, Internetauftritt und anderes bezahlt. Nach Corona mit weniger Fahrgästen und einer besseren PKW-Verfügbarkeit bei der heutigen älteren Bevölkerung sind die Fahrgastzahlen um ca. 30% eingebrochen. Heute nutzen überwiegend ältere Menschen, meist Frauen die Bürgerbusse auf dem Weg zum Einkaufen, zum Arzt oder zum Treffen mit Bekannten. Die Bürgerbusse haben sehr unterschiedliche Verkehrszeiten. Einzelne verkehren nicht an allen Wochentagen oder nur am Vormittag, wechseln an den Wochentagen den Fahrplan oder das Bedienungsgebiet. Die Gründe sind meist ein zu großes Gebiet der Kommune oder zu wenige ehrenamtliche FahrerInnen, die in der Freizeit den Dienst durchführen.

Bürgerbusse in Baden-Württemberg (Dr. Benedikt Krams):

In Baden-Württemberg werden unter dem Begriff Gemeinschaftsverkehr die verschiedenen ehrenamtlich organisierten Verkehre zusammengefasst. Maßgeblich unterschieden werden der Bürgerbus mit Linienverkehr nach §42 PBefG sowie das Bürger(ruf)auto (genehmigungsfrei oder nach §44 PBefG). Darüber hinaus gibt es weitere Formen, die in Abhängigkeit der Ausgestaltung als sozialer Bürgerfahrdienst, Pkw-Bürgerfahrdienst sowie also sonstige Verkehre außerhalb des PBefG bezeichnet werden. Fahrzeugförderungen gibt es für Bürgerbusverkehre. Diese werden, in Abhängigkeit der Barrierefreiheit, mit maximal 40.000 Euro bezuschusst. Darüber hinaus gibt es eine Förderung für Gebrauchtfahrzeuge. Für elektrisch betriebene Fahrzeuge, die allerdings bisher nicht als Serienfahrzeuge verfügbar sind, gelten individuelle Regeln. Die Differenz zwischen Fördersumme und Kaufpreis wird von den Bürgerbusvereinen aus Rücklagen finanziert bzw. analog zu NRW durch die Kommunen getragen. Die Verwaltungskostenpauschale beträgt in Baden-Württemberg 1.500 Euro, ist allerdings an die Veröffentlichung der Fahrplandaten der Bürgerbus- und Bürger(ruf)autoverkehre über die Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg (NVBW) oder die zuständigen Verkehrsverbünde geknüpft. Betreiber von Bürger(ruf)autoverkehren stimmen sich dazu mit der NVBW ab.

Bürgerbusse als Gemeindebusse:

In anderen Bundesländern z.B. Hessen oder Rheinland-Pfalz gibt Bürgerbusse, die von der Kommune gestellt werden. Es gibt keinen festen Fahrplan oder feste Haltestellen. Diese Bürgerbusse fahren nur als Gelegenheitsverkehr. Es ist meist kein Fahrpreis zu bezahlen und es gibt keine Konzession. In einem Ort z.B. fährt der 8-sitzige Bus vom Garten- und Friedhofsamt einmal wöchentlich die Dörfer ab, holt nach Vorbestellung die Fahrgäste ab und fährt sie z.B. zum Arzt.


§42 und §44 Personenbeförderungsgesetz (PBefG) und On-Demand-Verkehre:

Die Bestimmungen zu §42 und §44 werden sehr unterschiedlich von den Ministerien, Bezirksregierungen, Zweckverbänden, Verkehrsbetrieben und Bürgerbus-Vereinen umgesetzt. Die sogenannten On-Demand-Verkehre, früher Anrufsammeltaxen, können bei gleichen Bedienungsgebieten und Bedienungszeiten die Wirtschaftlichkeit der Bürgerbusse empfindlich beeinträchtigen. Wenn die ehrenamtlichen Bürgerbusse mit einem Fahrzeug erhalten bleiben sollen, muss die Einrichtung von On-Demand-Verkehren auf die Zeiten beschränkt werden, in denen der Bürgerbus nicht verkehrt.

Hintergrundinformationen zu §42 Personenbeförderungsgesetz (PBefG):

Linienverkehr nach §42 bedeutet für die Bürgerbusse das Aufstellen von hunderten Haltestellen-Ausrüstungen (ca. 300,-€ pro Haltestelle). Meist muss ein Metallrohr als Mast mit Betonfundament, ein Fahrplankasten und ein reflektierendes Haltestellenschild mit Namen aufgestellt werden. (Mast mit Betonfundament ca. 100,-€, H-Schild mit Befestigungsmaterial ca. 95-€ und Fahrplankasten mit wenigen Abfahrtszeiten und Fahrpreisen ca. 80,-€.) Diese Kosten für die Bürgerbusse stehen meist in keinem Verhältnis zum Nutzen und zu den Einnahmen an der entsprechenden Haltestelle. In einigen Kommunen und Regionen übernehmen die Kosten die Gemeinden oder Verkehrsunternehmen. Linienverkehr nach §42 bedeutet, der Bürgerbus fährt entlang der genehmigten Linie alle Haltestellen an, auch wenn nur einmal an einigen Haltestellen ein Fahrgast zu erwarten ist. Stichstraßen mit Wendehammer können nicht in den Fahrplan integriert werden, da das die Gesamtfahrzeit auf dem Linienweg stark verlängert. Viele Fahrten sind Leerfahrten und befriedigen auch nicht die BürgerbusfahrerInnen, die angetreten sind, die Mobilität der BürgerInnen zu verbessern. Im Rahmen von §42 versuchen einige Bürgerbus-Vereine jetzt mit dem System Linienverkehr-Rufbus den Leerfahrten entgegenzuwirken. Mit Rufbussen können bis zu 70% der Fahrkilometer eingespart werden. Die Betriebskosten sinken und eine Jahresunterdeckung wird vermieden, die gegebenenfalls von der Kommune abgedeckt werden muss. Auch können Rücklagen für Reparaturen und Neuanschaffung gebildet werden. Die meisten Bürgerbusse fahren mit einem Inseltarif, der Fahrschein gilt nur im jeweiligen Bürgerbus. Teilweise erstattet der Einzelhandel einen Teil des Fahrpreises. Verbundfahrkarten, Bahnkarten und 49,-€ Ticket kommen nicht zur Anwendung.

Hintergrundinformationen zu §44 Personenbeförderungsgesetz (PBefG):

Linienbedarfsverkehr nach §44 könnte für Bürgerbusse eine mögliche Weiterentwicklung werden.

Vorteile von §44:

Ein Vorteil ist, dass keine festen Haltestellen mit der oben genannten Ausrüstung notwendig sind. Man spricht von virtuellen Haltestellen (Einstiegs- und Ausstiegspunkten), die an einem geeigneten Haltepunkt nahe der Haustür liegen. Heutige Neubaugebiete in Kommunen werden meist über eine Wohnsammelstraße erschlossen, an die Stichstraßen mit Wendehammer angebunden sind. Die Bürgerbus-Fahrgäste können jetzt von einer Haltestelle zu einer anderen Haltestelle, von einem haustürnahen Einstiegspunkt zu einer Haltestelle oder von einer Haltestelle zu einem haustürnahen Ausstiegspunkt gefahren werden. Nicht zugelassen ist die Fahrt von Haustür zu Haustür. Es gibt keinen Fahrplan, sondern nur feste Bedienzeiten für ein festgelegtes Gebiet. Das heißt, bestimmte Ortsteile oder Dörfer werden nur zu bestimmten Zeiten bei Bestellungen angefahren.

Nachteile von §44:

Viele Bürgerbus-Vereine wollen weiterhin ihren Inseltarif anwenden, weil der Verkauf von Fahrkarten des Verbundtarifs nicht praktikabel ist. BürgerbusfahrerInnen, die z.B. nur einmal im Monat für 3 Stunden den Bus fahren, können nicht jedes Mal in den Verbundtarif eingewiesen werden. Eine Garantie für den Verkauf des richtigen Fahrscheins kann von den Bürgerbussen nicht übernommen werden. Praktikabel ist nur eine Lösung mit der Beibehaltung des Bürgerbus-Inseltarifs und mit der ungeprüften Anerkennung von Verbundfahrkarten und des digitalen 49,-€ Tickets. Lesegeräte für digitale Fahrscheine müssten einige Bürgerbus-Vereine zusätzlich selbst finanzieren. Die Anerkennung von Verbundfahrscheinen sollte nur mit einem Fahrpreiszuschlag/Komfortzuschlag möglich sein, die bei heutigen On-Demand-Angeboten wie z.B. in Hamburg-Ahrensburg bereits üblich sind.


Fazit zur Anwendung von §42 oder §44 Personenbeförderungsgesetz (PBefG):

Die Schlussfolgerung aus vielen Gesprächen und E-Mails mit Politikern, Ministerien, Bezirksregierungen, ÖPNV-Zweckverbänden, Verkehrsunternehmen und Bürgerbus-Vereinen lautet: Der Gesetzgeber hat Bürgerbusse im Personenbeförderungsgesetz ermöglicht. Teilweise wird auf genau formulierte Fragen von den Behörden ungenau geantwortet. Solange keine Probleme oder Beschwerden auftreten, kann jeder die Gesetzeslage so auslegen, wie er will. Bürgerbusse fahren nach §42 und trotzdem von Haustür zu Haustür, fahren auch außerhalb des Bürgerbus-Fahrplans, richten neue Haltestellen und Linien ein, streichen Haltestellen und Linienstücke aus dem Bedienungsangebot, ohne die entsprechenden Aufsichtsbehörden, aus Unkenntnis der Rechtslage, zu informieren.
Alles nach dem Motto, wo kein Kläger, da kein Richter.

Dies ist die Momentaufnahme mit Stand 2022 zum §42 oder §44 Personenbeförderungsgesetz. Inwieweit der Gesetzgeber hier eine Verbesserung für Bürgerbusse umsetzt, wird die Zeit zeigen.


Autoren: Achim Walder und Dr. Benedikt Krams von MatchRider

 


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